30. August – Tag gegen Abschiebungshaft

Der 30. August ist der Tag gegen Abschiebungshaft. Und er fällt auf ein besonders symbolträchtiges Datum: Am 30. August verschiedener Jahre kamen vier Menschen in der bzw. bei der Abschiebung ums Leben. Die Toten des 30. August sind keine tragischen Einzelfälle. Wir fordern eine Politik, die Flüchtlinge schützt statt abwehrt. Wir fordern die sofortige Abschaffung von Abschiebehaft, Abschiebungen und des Flughafenasylverfahrens. Und wir fordern ein Ende von Einweisungen in Sammellager, Essenpakete, Residenzpflicht, Arbeits- und Ausbildungsverbote.

Durch Abschiebungen werden Familien getrennt, Existenzen zerstört und Menschen gefährdet. Allein im vergangenen Jahr sind 12.945 Menschen aus Deutschland abgeschoben worden. Dabei wurden 2.196 Abschiebungen von Minderjährigen vollzogen, wie aus der Antwort der Bundesregierung (20/5795) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (20/5372) hervorgeht.
In Abschiebungshaft werden Flüchtlinge und MigrantInnen wie Kriminelle behandelt und monatelang eingesperrt – allein, weil sie keine Aufenthaltserlaubnis haben.

Am Tag gegen Abschiebung erinnern wir an Kemal Altun, Kola Bankole, Rachid Sbaai und Altankhou Dagwasoundels, die jeweils am 30. August 1983 – 1994 – 1999 – 2000 durch das deutsche Abschiebesystem gestorben sind:
Kemal Altun stürzte sich am 30.8.1983 nach 13 Monaten in Abschiebehaft aus dem Fenster des Verwaltungsgerichts in Westberlin, wo eine Klage des Bundesbeauftragten gegen seine Anerkennung als politischer Flüchtling verhandelt werden sollte.
Kola Bankole erstickte am 30.8.1994 in der Lufthansa-Maschine, mit der er abgeschoben werden sollte, an einem Knebel, der ihm vom Bundesgrenzschutz in den Mund gedrückt wurde.
Rachid Sbaai starb am 30.8.1999 in der Arrestzelle des Bürener Abschiebegefängnisses an einer Rauchvergiftung. Die Matratze seiner Einzelzelle hatte Feuer gefangen. Trotz Betätigung des Alarms kamen die Polizisten erst nach 15 Minuten.
Altankhou Dagwasoundels starb am 30.8.2000 beim Versuch sich aus dem sechsten Stock des Krankenhaus Köpenick mit verknotetem Bettzeug abzuseilen. Er war nach vier Wochen in Abschiebehaft in das Krankenhaus eingeliefert worden. Sein Zimmer wurde von zwei Beamten bewacht.


Es sind Todesopfer von Abschiebungshäftlingen, die sich angesichts ihrer drohenden Abschiebung töteten oder bei Fluchtversuchen starben, dokumentiert. Auch die zahlreichen Selbstmordversuche in den Abschiebeknästen werfen ein grelles Licht auf die Dimension dessen, was Abschiebungsgefangenen zugemutet wird: Der Freiheit beraubt zu sein, ohne eine strafbare Handlung begangen zu haben. Viele verstehen gar nicht, warum sie inhaftiert werden. Der tiefe Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen durch Freiheitsentzug wird oft leichtfertig auch für sehr lange Zeiträume angeordnet und nur schlampig überprüft.


Daher unterstützen wir Menschen in Abschiebehaft, versuchen ihnen zuzuhören, Anwälte und Anwältinnen zu vermitteln und ihnen beizustehen.