Abschiebungshaft dient ausschließlich dem Zweck, die Abschiebung der betreffenden Person zu sichern. Sie ist damit keine Straf-, sondern Verwaltungshaft. Rechtsgrundlagen für ihre Anordnung und den Vollzug sind in Deutschland vor allem die §§ 62–62b AufenthG (Aufenthaltsgesetz) und Art. 28 der Dublin-III-Verordnung. Das Procedere richtet sich nach den einschlägigen Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).
Formen der Abschiebungshaft sind namentlich
- die Vorbereitungshaft (Haftdauer bis 6 Wochen)
- die Sicherungshaft (Haftdauer i.d.R. bis zu 3 Monaten, höchstens 18 Monate)
- und der Ausreisegewahrsam (Haftdauer bis 10 Tage).
Die Sicherungshaft ist der Regelfall.
Abschiebungshaft wird durch die zuständige (Ausländer- oder Polizei-)Behörde beim Amtsgericht beantragt und setzt eine richterliche Anordnung voraus. Gegen eine solche Anordnung bestehen Rechtsmittelmöglichkeiten.
Aus dem Haftzweck ergibt sich nach der Rechtsprechung, dass Voraussetzung für die richterliche Anordnung einer Abschiebungshaft eine tatsächlich durchführbare Abschiebung ist. Die Haft darf keinen anderen Zwecken dienen, auch nicht als „Beugehaft“ zur Erzwingung einer Kooperation etwa bei der Passersatzbeschaffung.
Abschiebungshaft unterliegt außerdem dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, d.h. sie muss „geeignet“, „erforderlich“ und „geboten“ sein.
Nach der Rechtsprechung folgt daraus, dass Abschiebungshaft ausschließlich als „UltimaRatio“ eingesetzt und nur für die kürzest mögliche Dauer verhängt werden darf (Beschleunigungsgebot).
Zugleich ist anerkannt, dass der Vollzug der Abschiebungshaft nicht dem einer Strafhaft gleichen darf, sondern soweit wie irgend möglich dem „normalen Leben“ entsprechen muss.
Abschiebungshaft löst Leid aus. Menschen in der Abschiebungshaft wissen oft noch nicht einmal, weshalb sie in Gewahrsam genommen worden sind, obwohl sie keine Straftat verübt haben. Je länger sie in Gewahrsam sind, umso größer wird der seelische und körperliche Schaden.
Zugleich sind in einzelnen Fällen immer wieder schwerwiegende Verfahrensfehler, falsche Entscheidungen und ähnliche Probleme festzustellen. Damit hat auch zu tun, dass es im Abschiebungshaftverfahren – anders als im Strafrecht – keine Beiordnung eines Pflichtanwaltes gibt.
In der politischen Diskussion steht vor diesem Hintergrund die Legitimität von Abschiebungshaft in Frage, auch weil sie als ungerecht empfunden wird. Von anderer Seite wird dagegen gefordert, Abschiebungshaft sogar auszuweiten. Fehlende Haftplätze werden als eine Ursache für das „Vollzugsdefizit“ nicht ausreichender Abschiebungen benannt; die Länder werden dementsprechend aufgefordert, die Haftkapazitäten auszubauen.
Abschiebungshaft stellt nicht per se eine Menschenrechtsverletzung dar. Das Recht der einzelnen Staaten, Abschiebungen und Abschiebungshaft zur Durchsetzung migrationspolitischer Entscheidungen einzusetzen, ist völkerrechtlich weitgehend unumstritten. Art. 5 Abs. 1 S. 2 Buchst. f) der Europäischen Menschenrechtskonvention regelt vor diesem Hintergrund ausdrücklich, dass einer Person die Freiheit unter anderem dann entzogen werden darf, wenn
- die Gründe und das Verfahren gesetzlich vorgeschrieben sind und
- es sich um eine rechtmäßige Festnahme oder rechtmäßige Freiheitsentziehung handelt „zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.“
Abschiebungshaft ist allerdings nicht zwingend geboten. Keine internationale Norm zwingt einen Staat, abzuschiebende Personen in Haft zu nehmen. Deshalb wird verstärkt in der internationalen Diskussion gefordert, vorrangig Alternativen zur Abschiebungshaft zu entwickeln und anzuwenden.
Mehr rechtliche Hintergrundinfos findet ihr im Gesetzbuch oder auf https://www.socialnet.de/lexikon/Abschiebungshaft
(c) Stefan Keßler, https://www.socialnet.de/lexikon/Abschiebungshaft